„Wenn man anderen Menschen hilft, dann bekommt man immer etwas zurück – ganz egal, was es ist“, sagt Inge Griesemann mit einem Lächeln. Aber dass sie in diesem Jahr den Ehrenamtspreis der Stadt Köln bekommen wird, das habe sie zuerst gar nicht glauben können. Vor 32 Jahren gründete Griesemann in Kooperation mit der Drogenhilfe Köln den Elternkreis, eine Selbsthilfegruppe für Väter und Mütter von drogenabhängigen Jugendlichen.
„In vielen Familien im Bekanntenkreis gab es damals Probleme“, erzählt die heute 83-Jährige. Bei der Drogenhilfe erkundigte sie sich nach Selbsthilfegruppen für Angehörige – und wurde direkt zur Sprecherin des gerade entstandenen Elternkreises, der damals ganz ohne Fördergeld auskommen musste.
Der Bedarf der Eltern war groß. Schon zu Beginn hatte die Gruppe mehr als 15 Mitglieder, erzählt Griesemann. „Von allen Seiten kamen damals die Meldungen, dass wieder ein Kind gestorben ist“, erinnert sie sich. „Das waren alle möglichen Drogen: Kokain, Heroin, Haschisch.“
„Viele waren verzweifelt und haben sich geschämt“
Als sie 1983 den Elternkreis ins Leben rief, waren in den Augen der Gesellschaft am Drogenkonsum der Kinder oft noch die Eltern Schuld. „Viele waren verzweifelt und haben sich geschämt.“ In der Selbsthilfegruppe, die sich alle 14 Tage trifft, ist deshalb Verschwiegenheit sehr wichtig.
Inge Griesemann leitete die Gruppe bis 2011, der Kontakt zu den Eltern ist aber immer noch da. „Ich finde es schön, dass es mit einer anderen Generation weitergeht“, so die 83-Jährige. Auch heute suchen Eltern das Gespräch mit ihr. Einer ihrer wichtigsten Ratschläge hat sich nach über drei Jahrzehnten dabei nicht geändert: „Man muss seine Kinder so akzeptieren, wie sie sind.“ Nach einer Krankheit musste Inge Griesemann, in ein Seniorenheim umziehen.
„Heute erfahre ich selbst viel Hilfe, wenn ich mit dem Rollator unterwegs bin“, sagt sie dankbar. Ihre eingeschränkte Mobilität hindert sie nicht daran, sich aktiv für andere einzusetzen. Seit 1998 ist die Kölnerin eine der Sprecherinnen der AG Selbsthilfe im Paritätischen, in der 400 soziale Selbsthilfegruppen in Köln organisiert sind. In Gremien der Stadt setzt sie sich nicht nur für diese ein, sondern auch für Barrierefreiheit. So ließ sie sich bei einem Ortstermin ein Versprechen geben, das auch andere freuen wird: Der Aufzug an der Flora soll im Herbst endlich in Betrieb gehen.